
Wie Schwarz Transporte beim Schüttgut den Einsatz von E-Lkw wagt
Die Schwarz Transporte GmbH sitzt in Sankt Johann am Wimberg, einer Gemeinde in Oberösterreich am Dreiländereck mit nahen Grenzen zu Tschechien und Deutschland. Geschäftsführer Michael Schwarz beschäftigt rund 20 Mitarbeiter und betreibt 15 Lkw – vornehmlich große Tonnagen für Schüttgut und den Kombinierten Verkehr. Gerade die Sattelzugmaschinen für den Schüttguttransport sind eigentlich schwierig zu elektrifizieren, denn der Mittelständler ist Spezialist für großvolumige und daher relativ schwere Schüttware. Und bei den Aufliegern setzt die Firma on top auf einen per Hydraulik bewegten Schubboden. Das Schüttgut wird demnach nicht aus dem Lkw gekippt, sondern mithilfe eines hydraulischen Systems herausgeschoben. Trotz dieser kniffeligen Ausgangslage wirft sich der Familienbetrieb ins Zeug und packt die Elektrifizierung an: In wenigen Wochen kommen vier Elektro-Lkw vom Typ eActros 600 mit einer Reichweite von rund 500 Kilometern am Standort Linz an. Kommendes Jahr sollen vier weitere Strom-Trucks mit Stern folgen.
Elektrifizierung bringt Firma zu Mercedes-Benz Trucks
„Wir wollen den eActros 600 direkt für unsere weitesten Strecken einsetzen“, kündigt Michael Schwarz an. Diese führen etwa von Linz bis nach Innsbruck und sogar noch weiter, etwa 650 Kilometer am Tag. Dafür plant die Firma einen öffentlichen Ladestopp von 30 bis 45 Minuten unterwegs ein. Grundsätzlich ist die GmbH fast ausschließlich innerhalb Österreichs aktiv, ab und zu sind die Trucks von Schwarz Transporte aber auch in Deutschland unterwegs. Bei den Marken griff der österreichische Betrieb bisher vor allem zu MAN, DAF und Scania. Durch die Strom-Lkw kommt nun Mercedes zum Zug.
Hauptsächlich geladen werden sollen die neuen XXL-Stromer am Standort Linz, wo das Unternehmen auf seinem Gelände aktuell einen „TruckPort“ baut, also einen 710 Quadratmeter großen, überdachten Ladepark mit sechs HPC-Ladepunkten à 400 kW von Ekoenergetyka. Die Gesamt-Ladeleistung beziffert Michael Schwarz auf 720 kW, laden mehrere E-Lkw parallel wird die Ladeleistung aufgeteilt. Und weil man bei Schwarz Transporte keine halben Sachen macht, wird das Dach des „TruckPort“ zusätzlich mit Solarpaneelen (150 kWp, auf dem ganzen Gelände sind es 330 kWp) ausgestattet und um einen stationären Speicher mit 783 kWh ergänzt, sodass die verfügbare Energiemenge für die Lkw durch die eigene Stromproduktion steigt. Der TruckPort wurde erst dieser Tage prämiert:

Ganz unerfahren hat der Logistikspezialist die Transformation dabei nicht angepackt: Denn erste Schritte in der E-Mobilität ist der von Schwarz in sechster Generation geführte Familienbetrieb („davon drei Generationen rein im Transportwesen“) schon vor Jahren gegangen: Seit 2018 steht eine E-Pkw-Flotte für die Mitarbeiter bereit. „Wir sind da schon früh sehr offen gewesen und haben uns daher auch schon mit E-Antrieben und Ladeinfrastrukturen befasst.“ Aber in der Logistik ist der Wechsel auf die neue Antriebsart laut dem Geschäftsführer noch mal eine ganz andere Nummer.
„Ohne Förderung wäre es nicht gegangen“
An die Initialzündung zum Umstieg auf E-Lkw erinnert sich Michael Schwarz noch gut: „Vor etwa drei Jahren kam ein Kunde auf uns zu – mit der Idee, seine Transporte zu elektrifizieren. Meine Antwort: Nein, das geht nicht. Aber es ließ mir dann keine Ruhe.“ Der Geschäftsführer absolvierte daraufhin eine Testfahrt in einem E-Lkw von Volvo und war fortan fasziniert von „Leistung, Fahrgefühl und Effizienz“. Doch bei Nutzlast und Reichweite ging die Rechnung nicht auf – bis Daimler Truck mit seinem für die Fernstrecke konzipierten eActros 600 um die Ecke bog. „Das war der Gamechanger“, sagt Schwarz. Mithilfe der in Österreich gewährten Förderung (die es entgegen der deutschen Förderung auch weiterhin gibt) ging seine Firma die Beschaffung an, war laut Schwarz landesweit sogar der Erstbesteller dieses Modells. Er sagt dabei aber auch ganz klar: „Ohne Förderung wäre es nicht gegangen, das war essenziell.“
Was den Auflieger mit Schubboden angeht, den Schwarz Transporte mit seinen E-Lkw ziehen will, steuert Mercedes-Benz Trucks ab Werk den nötigen E-PTO bei, also einen elektrischen Nebenabtrieb. Den Hydraulikaufbau rüstet im Fall des jetzigen Quartetts die Firma F&B Nutzfahrzeug-Technik nach. Klingt einfach, ist aber komplex: „Dieser Aufbau in Kombination mit einem E-Lkw – das ist schon wirklich herausfordernd. Wir reizen hier die Grenzen des Machbaren aus“, sagt Schwarz, der selbst erst vor wenigen Monaten erstmals in einem Vorführ-Exemplar des 600ers saß. „Österreich“, so seine Erfahrung, „hinkt dem deutschen Markt etwa ein halbes Jahr hinterher.“ In der Tat sind in Deutschland die ersten Auslieferungen bereits Ende 2024 erfolgt.
Bemerkenswert ist bei Schwarz Transporte, dass die Firma das Energie- und Ladesystem für die E-Lkw komplett selbst geplant hat. „Wir haben alles selbst in der Hand, alle Aufträge einzeln vergeben“, erzählt Michael Schwarz, der sich ein großen Teil des Know-hows neben seinem Job als Geschäftsführer angeeignet hat. Aus Platzgründen entschied er sich für ein Satelliten-Ladesystem von Ekoenergetyka, bei dem die Ladesäulen schlank ausfallen und der Großteil der Ladetechnik in einem weiter entfernten Ladeschrank zusammengefasst ist. Die Flächenknappheit auf dem Firmengelände erforderte insgesamt eine zentimetergenau durchdachte Lösungen: „Fertigsysteme wären da nicht praktikabel gewesen“, so der Geschäfsführer. „Wir hatten auf der vorhandenen Parkfläche nur 3,5 Meter Spielraum in der Breite, weil nicht mehr Platz vorhanden ist – und damit sind wir auch ausgekommen.“
Mobilitäts- und Energiesektor als großer Hebel
Als weiteres Projekt programmiert die Firma ihr eigenes Energiemanagementsystem – und zwar auf Basis einer Smart-Home-Lösung, die eigentlich für den Privatgebrauch gedacht ist. „Wir adaptieren das fürs Gewerbe und können so per App alles steuern“, erklärt Michael Schwarz, der im Zusammenrücken von Mobilitäts- und Energiesektor einen großen Hebel sieht: „Die Logistik ändert sich. Man wird in der Tat ein Stück weit zu einem Energiewirt.“
Mit sechs HPC-Ladepunkten und einem mobilen 40-kW-Lader fühlen sich die Verantwortlichen der Firma nunmehr gut auf die jetzt eintreffenden und die vier weiteren E-Lkw im nächsten Jahr vorbereitet. Mit dem für 2026 erwarteten weiteren Quartett strebt Schwarz Transporte an, dann auch seinen Kombinierten Verkehr zu elektrifizieren. Und auch da will das Unternehmen wieder mit einer Hydraulik-Spezialität wuchern: Nämlich mit E-Lkw, die die sogenannte Mobiler-Logistik beherrschen, sprich: einen selbstständigen Umschlag ohne Terminal. Auch hier will Schwarz wieder vorangehen.
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